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"talkin' 'bout my generation"
Die DASA Dortmund (Deutsche Arbeitsschutzausstellung und Museum) veranstaltete vom 12. Februar bis 30. April 2006 eine Ausstellung mit Bildern von Carl van der Walle. Dafür entstanden u.a. interessante Texte mit kultur- und musikwissenschaftlichen Bezügen, begleitet von spannenden Kommentaren von Carl van der Walle (CvdW). Wir danken der DASA für die Erlaubnis zur Veröffentlichung und freuen uns, Ihnen hier eine virtuelle Ausstellung präsentieren zu können, die eine seltene und sicherlich zeitlose kulturelle Dokumentation darstellt.
CvdW: "Alexis Korner gehört zu den Musikern, die ich besonders verehre. Und dies nicht nur,
weil er zahlreiche Musiker 'ausbildete' – ich denke an Mick Jagger, Keith Richards, Brian Jones, Robert Plant, Jack Bruce oder Paul Rodgers – sondern vor
allem auch wegen seiner sympathischen Erscheinung. Ich hatte bei beiden Begegnungen 1972 die Gelegenheit, mit ihm ins Gespräch zu kommen. Ich erinnere mich,
wie er über die Frage eines Reporters schmunzelte, der wissen wollte, ob Jimi Hendrix zu seinen Vorbildern zähle..."
CvdW: "Die großen Tage der Protestbewegung waren eigentlich schon Vergangenheit, als deren Ikone
Joan Baez auf dem Isle of Wight-Festival zur Gitarre griff. Ein Höhepunkt hier war ihre Interpretation des Lennon/McCartney-Songs 'Let It Be'.
Der als Performer äußerst launische Bob Dylan war bei seinem Konzert im Müngersdorfer Stadion sehr gut aufgelegt. Dass seine Show sehr Stones-lastig konzipiert war,
verwundert nicht, wenn man weiß, dass der Ex-Rolling Stone Mick Taylor und der Ex-Small Face Ian McLagan in seiner Band mitwirkten.
Für mich stellt diese Formation eine gelungene Synthese dar, da die beiden Musiker aus meinen 1960er Jahre Lieblingsgruppen den Stücken von Bob Dylan,
den ich eigentlich mehr als Komponisten schätzte, eine Rockstruktur verpassten."
CvdW: "Absoluter Mastermind der Who war Pete Townshend. Die Band konnte es sich zu der Zeit,
als diese Aufnahme entstand, auch wieder erlauben, dass ihr Gitarrist seine Arbeitsgeräte zu Kleinholz verarbeitete.
Der riesige kommerzielle Erfolg ihrer Rockoper 'Tommy' hatte es möglich gemacht. Eigentlich bin ich kein Freund von Gewaltorgien auf der Bühne.
Aber diese schon in den frühen Tagen der Who-Karriere praktizierte Aktion hatte eine derartige Symbolhaftigkeit erlangt, dass ich unbedingt ein Foto machen wollte.
Dies gelang mir leider nicht, da ich bei diesem Konzert gleichzeitig auch eine Super8-Kamera bediente.
Keith Moon, der Drummer der Who, leider schon sehr früh im Jahre 1978 verstorben, gilt als eine der schillerndsten Symbolfiguren der Rockgeschichte;
er vereinigte fast sämtliche Klischees eines exzentrischen Rockstars auf sich. Ich erlebte ihn 1971 bei einer Session mit Pete York, Eddie Hardin,
Tony Ashton, Miller Anderson und Keef Hartley von seiner braven Seite, wie man sieht."
CvdW: "Phil Collins reagierte beim 81er Konzert in der Westfalenhalle auf das Pfeifkonzert einiger
Fans mit dieser Geste, lange vor Stefan Effenberg. Er hatte soeben angekündigt, dass Genesis neben älteren Stücken auch neuere des aktuellen Albums 'Abacab'
– nicht von allen Fans geliebt – spielen wolle. Der ehemalige Genesis-Frontmann Peter Gabriel hatte sich 1983, als diese Aufnahme entstand, endgültig von
früheren Einflüssen emanzipiert und spielte große Teile des aktuellen, stark von der Weltmusik geprägten Albums 'Peter Gabriel IV'.
Die Aufnahme entstand während des Songs 'San Jacinto', eines der beeindruckendsten Stücke des Konzertes."
CvdW: "Dieses Foto des Can-Sängers Damo Suzuki ist die erste Nahaufnahme eines von mir geschätzten
Musikers. Ich hatte mich beim Can-Auftritt zum erstenmal direkt vor die Bühne begeben und diese Aufnahme ohne ein Teleobjektiv geschossen – ich besaß noch
keines. Die fränkische Band Ihre Kinder waren eine der ersten Rockbands, die es wagten, sich mit deutschen Texten auf eine Bühne zu begeben. Sie waren in einer
Zeit des aufkommenden Krautrock mit ihren sozialkritischen Botschaften recht erfolgreich, wenngleich sie nie in die 1. Liga des Genres aufstiegen."
CvdW: "Ein Beatkonzert 1967 mit den Rolling Stones. Das Equipment würde heutzutage bei jeder
Amateurband nur ein mitleidiges Lächeln hervorrufen. Ein schlichter Vorhang statt einer aufwändigen Lightshow. Ich erinnere mich noch genau, der Innenraum
war bestuhlt, das Publikum blieb brav auf seinen Plätzen sitzen. In heutigen Zeiten lässt sich ein Rockfestival ohne strenge Sicherheitsvorkehrungen und
einem Großaufgebot von Sicherheitskräften nicht mehr durchführen. Der enge Kontakt zwischen Musiker und Fan ist bei solchen Veranstaltungen nicht mehr möglich."
CvdW: "Die Posen des Mick Jagger hatten in den 1960er Jahren ungefähr den Stellenwert wie das in
den 70ern verbreitete Luftgitarrenspiel. Ich denke, viele Posen erleichtern es uns, sich mit den oft extrovertierten Bühnencharakteren zu identifizieren.
Oft konnte man damals kleine Kopien der Stars im Publikum entdecken, und es waren neben der Garderobe nicht selten die Posen, die sie kopierten.
Daran hat sich bis heute nichts geändert."
CvdW: "Mick Jagger und Keith Richards intonierten während eines Akustik-Sets das von Robert Johnson
adaptierte Stück 'Love In Vain'. Ich stand direkt vor den beiden, weil die Hell's Angels, die für die Band die Security übernommen hatten und gerade im
Begriff waren, mich zu vertreiben, von einer Prügelei abgelenkt wurden. Die Space-Rocker Space Ritual lieferten beim Burg-Herzberg-Festival eine
atemberaubende Show im Stile von Hawkwind. Das verwundert nicht, denn zwei ihrer Gründungsmitglieder entstammen dieser Band. Die Perspektive dieses Bildes
ist ungewöhnlich, da ich direkt neben der Bühne in der Nähe des Seitenaufgangs stand und auf einen befreundeten Fotografen wartete."
CvdW: "Keith Emerson, den es gestört hatte, dass ein Keyboarder optisch gesehen meist ein Randdasein
führt, während ein Sänger oder Gitarrist aufgrund seiner Show in der Regel im Rampenlicht steht, war bei Emerson, Lake & Palmer für den Einbau diverser
Showelemente verantwortlich. Er ersann verschiedene Methoden, seine Orgel zu quälen: Er zerrte sie über die Bühne, legte sie hin und sich selbst darunter oder
stach mit dem Dolch auf die Tasten ein. Klaus Renft demonstrierte dem Festivalpublikum, wie man Haushaltsgegenstände, z.B. zwei Löffel oder eine Schere,
umfunktionieren und als Musikinstrument missbrauchen kann. Die Klaus Renft Combo war in den 60ern die bedeutendste Band in der DDR. Sie wurde Anfang der 70er
in die BRD ausgewiesen, weil sie sich permanent weigerte, die Auflagen des Systems zu akzeptieren. Nach der Wende gab es auch für die Renft Combo eine Reunion."
CvdW: "Das Bild täuscht nicht. Dieses Hippie-Mädchen aus unseren Tagen war weit und breit
das einzige Blumenkind auf dem Isle-of-Wight-Festival im Jahr 2002. Inmitten eines eher gemässigten Publikums wirkte sie fast wie verloren. Der Versuch
eines Revivals der legendären Isle-of-Wight-Festivals (1968-1970) lief äußerst zähflüssig an, auch wenn spätere Auflagen atmosphärischer und
erfolgreicher waren. Träume die eigentlich schon ausgeträumt waren, lassen sich nicht in andere Zeiten transportieren."
CvdW: "Rory Gallagher gastierte in der Philipshalle zwei Jahre nach dem Split der Taste.
Der sympathische Ire, einer meiner Lieblingsgitarristen, schaffte es wie kaum ein anderer, das Publikum in seinen Bann zu ziehen. Erst als
Solomusiker wurde er richtig erfolgreich. Nach dem Auftritt beim Aachener Festival erklärte er mir das überraschende Ende des gerade erlebten Konzertes:
Man hatte ihm als Headliner um Punkt 22.00 den Strom abgedreht. Er hatte gerade 30 Minuten gespielt."
CvdW: "Paul McCartney stellte zwei Jahre, nachdem sich die Beatles getrennt hatten, seine neue
Band Wings auf einer Europa-Tournee vor. Zahlreiche Beatles-Fans waren enttäuscht, nur einige ganz wenige Beatles-Songs geboten zu bekommen, noch dazu,
wenn ich mich recht erinnere, in Medley-Form. An das Festival in Wiesbaden, bei dem ich Neil Young gesehen habe, erinnere ich mich mit gespaltenen Gefühlen.
Obwohl es ein großartiges Konzert war, war die zigtausend Menschen starke Menge vor der Bühne gleichzeitig extrem dicht und dynamisch, so dass ich kaum
dazu kam, Fotos zu machen."
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